Die Medaillen des Sommer – Ruder – Wettbewerb des LRV Berlin

Veröffentlicht in Wettbewerbe/Ausgleichsport

Die Serie und ihre Geschichte vom Gestalter der Medaillen,

dem Bildhauer und Ruderer Willi Neffgen

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Im Herbst 1989, der Wettbewerb war bis dahin mit bescheidener Beteiligungszahl dahingedümpelt, wurde ich von dessen Betreuer für den LRV, Peter Schur, Vorsitzender des BRC Hevella, bei dem ich seit 1985 auswärtiges Mitglied bin, angesprochen mit dem Ziel, die Attraktivität des Unternehmens zu heben. Von mir wusste er, dass Erfahrungin der Gestaltung von Auszeichnungen für Rennrudersport wie auchandere Sportartenvorhanden waren.

Telefonisch wie auch bei gemeinsamen Ruderfahrten habe ich ihm in der Folge ein Konzept unterbreitet, welches geeignet schien, den Wettbewerb populärer zu machen und so zu helfen, die Teilnehmerzahlen anzuheben:

Mit dem Vorschlag, in jedem Jahr ein neues, attraktives Motiv von den Ufern der Berliner Gewässer abzubilden war auf die Wirkung des „Sammelcharakters“ jährlich neuer Motive gesetzt. Die Erreich-barkeit per Boot sollte zu dem die Aktiven dazu bringen, die abgebildeten Stellen auf dem Wasserweg aufzusuchen und somit den Ruder-Aktivitäten zusätzliche Impulse zu geben. Es folgte auch gleich der Eröffnungsvorschlag: Die Heilandkirche am Port zu Sacrow. Sie hatte mich vor allem aus einem geschichtsbedingten Grund beeindruckt:Wegen der damaligen, nicht nur für Ruderer bestehenden Unerreichbarkeit des hell geklinkert lockenden Gemäuersdurch die nahe, im Zick-Zack verlaufende und von bewaffneten Booten gesicherte Grenze.

Dieses Konzept überzeugte auch den Vorstand des LRV und der Startschuss wurde gegeben. Niemand ahnte zu diesem Zeitpunkt, dass wenige Wochen nach der Ausgabe der ersten Medaillen im März 1990 an die damals erfolgreichen Wanderruderer Westberlins Ruderer mit ihren Booten unbehelligt an das Motiv der Startausgabe heranfahren konnten. Am 30. April ruderten unter vielen beschwingten Sportlern auch die beiden Väter der Medaille auf dem Weg zum Kirschblütenfest in Werder in Booten der „Hevella“ nahe und unbedroht an der Heilandkirche vorbei und nach der Kontrolle der Ausweise an der Glienicker Brücke weiter nach Werder.

Die nach Eingang der Teilnehmermeldungen feststehende Startauflage betrug inklusive der Gold-, Silber- und Bronze- Exemplare damals 330 Stück.

Einige technische Anmerkungen: Von Anfang an betrug der Durchmesser der Medaillen 60 mm. Um nur die Vorder = Bildseite jährlich ändern zu müssen, platzierte ich den gleichbleibenden Text des Titels zwischen zwei in Wellen eintauchende Ruderblätter auf der Rück-, die wechselnden Motive samt Jahreszahl dagegen zusammen auf der Frontseite. So war sichergestellt, dass die Kosten der Werkzeugherstellung für beide Seiten der Medaille nur im Startjahr anfielen. Als Ausgangsmaterial dienen in der Regel Rohlinge/Ronden (runde Blechscheiben) in weichgeglühtem Zustand in Stärke von 3 Millimetern. Ist aber die erwünscht starke Plastizität einer Medaille, vom Motiv bestimmt deutlich stärker auszuprägen, wird 4 Millimeterdickes Tombak gewählt. Tombak ist eine Legierung von Kupfer (Cu) mit Zink (Zn) wie auch Messing, nur ist hier der Kupferanteil erheblich höher. Bei sehr plastischen Darstellungen muss zudem mit einer Wiederholung des Prägevorgangs nach Zwischenglühen und Abbeizen der Oberflächen gearbeitet werden. Als Beispiel dafür dienen die Exemplare von 2005 (Spandauer Zitadelle) und 1997 (Motiv auf der Pfaueninsel). Durch einen wiederholten Prägedurchgang samt Folgearbeiten fällt höherer Zeitaufwand per Stück an, der wie überall sonst auch erhöhte Kosten hervorruft.

Geprägt werden die Medaillen bei einer alten Bonner Firma, die nach Insolvenz 1987 von 2 Brüdern aus Damaskus, Inhaber eines ebenfalls in Bonn residierenden Export-Unternehmens, erworben wurde. Mittlerweile ist die Produktion nach Damaskus verlagert, wobei uns die seit der Frühzeit dort ansässige Tradition der Metallfertigung ins Gedächtnis kommt, die sogar der Damaszener-Technik ihren Namen gab. Die Werkzeuge jedoch werden nach Vorgabe und unter Kontrolle des Gestalters hier in Deutschland gefertigt und gehärtet.

Die jeweiligen Motive für die Medaillen werden von mir auf Ruderfahrten in Berlin sowie auch auf Exkursion per Rad an den Gewässern entlang ausgesucht, fotografiert und in den runden Gestal-tungsraum eingepasst. Dazu werden zum skizzierten Vorschlag schriftliche Hinweise beigefügt, mit denen Schwerpunkte gesetzt und störende Bestandteile minimiert werden. Aus Allem entsteht in Bonn die Reinzeichnung für die Werkzeuggravur, diese, dem Bildhauer zur Kontrolle vorgelegt und nach Freigabe als Vorlage für die plastische Gravur der (umgekehrten, also negativen) Stahlform verwendet. Bevor diese produktionsfähig gehärtet wird, macht der Stahlgraveur einen Plastilinab-druck, der der späteren Medaille entspricht und vom Bildhauer begutachtet und im besten Falle zur Härtung freigegeben wird, meist aber sind noch geringe Verbesserungen nötig. Sind diese vorgenom-men, geht das gehärtete Werkzeug per Luftpost zur Produktion nach Syrien.

Die Zuordnung der Motive ist in der Folge der Jahre verschiedenen Gedankengängen gefolgt. Zunächst wird geschaut, ob sich von den Ereignissen des Jahres her ein Thema anbietet - als Beispiel dafür 1995 die Verhüllung des Reichstags oder 2005 die Spandauer Zitadelle, ausnahms-weise nicht als Anblick vom Wasser aus gefasst, als Hinweis auf das von den Spandauer Ruderclubs ebendort ausgerichtete Wanderrudertreffen des DRV. Auch der Hauptbahnhof kam 2006 in seinem Eröffnungsjahr auf die Medaille des Jahres.

Ansonsten bin ich bemüht, die Folge der anrainenden Gewässer, historischer oder neuerrichteter Bauwerke sowie verschiedene Zweckbestimmungen der dargestellten Gebäude ständig zu wechseln. Nicht Kirche auf Kirche, nicht Brücke auf Brücke, mal West mal Nord mal Zentrum, mal Ost oder Süd. So sollen die Wanderruderer ihre eigenen Ruderreviere wiederfinden und Neuigkeiten in den anderen Bereichen entdecken. Kleine Hinweise auf die Geschichte des Ruderns in Berlin und Deutschland, wo auf das erste Motiv 1990 der Grunewald-Turm folgte und die Aktiven aus dem Ostteil der Stadt auf der Havel begrüßt, als Reminiszenz auf die Vereinigung der Ruderverbände DRV + DRSV in diesem Jahr. Folgerichtig öffnet 1991 die Schleuse von Kleinmachnow den Westberliner Ruderern die Tore zur Erkundung des Ostteils.

Die Liste der Medaillen:           1989  HeilandkircheSacrow            1990  Grunewaldturm

1991 Schleuse Kleinmachnow1992 Fraunhofer-Institut                  1993  Berliner Dom

1994  Hauptbau Westhafen   1995 Verhüllter Reichstag                 1996  Oberbaumbrücke

1997  Idealruine Pfaueninsel 1998  Debis-Bau Landwehrkanal      1999  Bode-Museum

2000  Glienicker Brücke        2001  Molecule Man Treptow            2002 Innenministerium, Spree

2003  Technik-Museum           2004  Spree, Gotzkowskibrücke     2005  Zitadelle Spandau

2006  Neuer Hauptbahnhof     2007  Sechserbrücke Tegel                        2008  Jugendinsel  Treptow

2009  Spree, E.-Lüders-Haus  2010 Bewag-Fassade Spree           2011  SpreebeckenJanowitzbrücke

Der die Medaillen tragende Wettbewerb ist eine Erfolgsgeschichte, was ich zum nicht geringen Teil auf das Gesamtkonzept und die Attraktivität der Auszeichnungen zurückführe. Die Anfangsauflage von 330 Stück hat sich bei der 23. Auflage 2011 auf 747 Stück gesteigert, ein mehr als 100 %iger Zuwachs.

Zum 125-jährigen Jubiläum des Deutschen Ruderverbands, das 2008 in Köln gefeiert wurde, gab es im dortigen Sport- und Olympia-Museum die unserer Sportart gewidmete Ausstellung „Im Glanze des Sieges“. Die Ausstellung zeigte weitgehend Exponate aus dem Rennrudersport Deutschlands, dem Breitensport waren lediglich zwei Ausstellungsstücke gewidmet: Dies waren der Äquatorpreis und die hier beschriebene Serie der Medaillen des Sommer-Ruder-Wettbewerbs, beide aus meinem Atelier. Beim Abbau der Schau hat mir der Kurator der Ausstellung das Interesse des Hauses an der Übernahme der kompletten Serie der Medaillen aus meiner Belegreihe in seinen Bestand bekundet; um damit das Beispiel einer attraktiven und erfolgreichen Auszeichnungsfolge belegen zu können; eine entsprechende Verabredung ist getroffen.

Mittlerweilehabe ich mir so dank berufsspezifisch genauem Blick die Ufer der Berliner Gewässer auf der Jagd nach attraktiven Motiven gut eingeprägt; manchmal besser als viele heimische Ruderkame-raden, wie sich gelegentlich zeigt. So, als nach der letztjährigen Verteilung der Medaillen der Anruf vom lieben Ruderfreund Heinzdieter bei mir eintraf:“ Wüllü, ich nicht und Keiner sonst an meinem Tisch hat jewusst, wo das auf der Medaille abgebildete Gebäude steht. Hilf mir bitte“. Ich denke, ich kann noch manche Wasserjuwelen für meine Berliner Ruderkameraden entdecken.

 
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